(IP) Hinsichtlich Einstellung eines Verfahrens zur Zwangsversteigerung wegen Suizidgefährdung hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

„Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Fortsetzung des Verfahrens geboten. Die Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 765a ZPO setze voraus, dass ansonsten eine unbehebbare, schwere Rechtsgutgefährdung wie ein Suizid mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anhand objektiver Merkmale festgestellt werden könne. Eine lediglich latente Gefährdung reiche dagegen nicht aus. In jedem Fall müssten die betroffenen Interessen der Anspruch des akut Gefährdeten auf Lebensschutz (Art. 2 Abs. 1 GG) einerseits und der Anspruch des Gläubigers auf Durchsetzung seines titulierten Anspruchs (Art. 14, 19 Abs. 4 GG) andererseits gegeneinander abgewogen werden. Auch eine konkrete Suizidgefahr führe nicht ohne weiteres zu einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Um eine die Vollstreckung beschränkende Maßnahme zu erreichen, müsse der suizidgefährdete Schuldner seinerseits grundsätzlich alles Zumutbare und Mögliche unternehmen, um die Suizidgefahr zu bannen, also etwa ein Krankenhaus aufsuchen oder sonst wirksame medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Hieran fehle es. Die Schuldnerin habe die (zumutbaren) … schuldhaft nicht erfüllt. Sie habe keinen Therapieplan vorgelegt und bislang auch keine regelmäßige Behandlung angetreten.“

Das Vollstreckungsgericht hatte auf Antrag der Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes der Schuldnerin wegen eines Anspruchs aus einer Grundschuld angeordnet. Aufgrund eines Vollstreckungsschutzantrags, den die Schuldnerin auf eine langjährige Depression, einen Suizidversuch sowie eine seitdem andauernde ambulante psychotherapeutische Behandlung stützte, stellte das Vollstreckungsgericht das Verfahren auf Dauer eines Jahres mit u.a. der Auflage ein, die begonnene stationäre Behandlung fortzusetzen und eine vom behandelnden Arzt für erforderlich gehaltene ambulante Psychotherapie durchzuführen.

Die Schuldnerin führte noch zwei Monaten stationärer Behandlung die ambulante Behandlung fort und nahm die ärztlicherseits verordnete antidepressive Medikation ein. Dann beantragte sie, das Verfahren auch weiterhin einzustellen. Gegenüber der Amtsärztin hatte die Schuldnerin erklärt, sie habe die Psychotherapie abgebrochen; sie empfinde die Gespräche mit dem Therapeuten nur noch als Small-Talk und habe aufgrund ihrer Berufstätigkeit auch keine Zeit mehr für Fahrten zum Therapeuten nach Heidelberg.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: V ZB 90/17

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